Tag des Offenen Denkmals 2019
Modern(e): Umbrüche in Kunst und Architektur
Der diesjährige Tag des offenen Denkmals steht bundesweit unter dem Motto "Modern(e): Umbrüche in Kunst und Architektur". Auch in Memmingen findet man derartige Umbrüche, so zum Beispiel im Areal des ehemaligen Heilig-Geist-Spitals am Hallhof.
Die Geschichte des Spitals reicht ins 13. Jahrhundert zurück. Vergleichbar der Entwicklung in anderen Städten, gelang es der Reichsstadt Memmingen 1317/65, den Heilig-Geist-Orden (Kreuzherren) aus der Verwaltung des Spitals zu drängen und den Gebäudekomplex zu teilen. Das Kloster unter Leitung des Spitalmeisters verblieb in den oberen Räumen („Oberhospital“); die zweischiffige, kreuzgratgewölbte "Dürftigenstube" im Erdgeschoss („Unterhospital“) bildete einen wesentlichen Baustein der reichsstädtischen Sozialpolitik. Auch nach der reichsstädtischen Reformation blieb das Kloster in religiöser und kultureller Hinsicht von prägender Bedeutung. 1616/17 baute Conrad Hölderlin das Spitzdach des im 15. Jahrhundert errichteten Turmes zu einem oktogonalen Geschoss mit Zwiebel um. Die barocken Stuck- und Holzdecken stammen aus der Umbauzeit 1675 bis 1681. 1709 wurde die 1480-1484 errichtete spätgotische Kirche barock umgestaltet (Stuck von Matthias Stiller, Fresken von Johann Friedrich Sichelbein). Nach der Aufhebung des Klosters wurde alles Mobiliar verkauft und die Räume durch das Hallamt genutzt. Der Hallhof (ehemals Spitalhof) wurde zur Maximilianstraße hin geöffnet, 1822-1824 die Kirche zur Lagerhalle des Zollamtes mit klassizistischer Außenfassade umgebaut.. Nach einer umfassenden Sanierung 1998-2003 hat hier die Städtische Sing- und Musikschule ihren Sitz.
Programm in Memmingen
HEILIG-GEIST-SPITAL MEMMINGEN
Kreuzherrnsaal am Hallhof, Zugang über Kalchstraße
14:00 Uhr Begrüßung durch Oberbürgermeister Manfred Schilder, anschließend Vortrag von Heimatpfleger Günther Bayer zum 300. Todestag von Johann Friedrich Sichelbein
15:00 Uhr Rundgang mit Architektin Ingrid Stetter und Stadtarchivar Christoph Engelhard durch Spital, Kloster und Hallamt
Das Programm wird am darauffolgenden Mittwoch, 11. September zur gleichen Uhrzeit wiederholt.
Zum Tag des offenen Denkmals gedenkt Memmingen des 300. Todestages von Johann Friedrich Sichelbein. Er war der bedeutendste Sproß einer Künstlerfamilie, die von 1580 bis 1758 in Memmingen und Oberschwaben tätig war. Schon zu Lebzeiten galt er als berühmter Maler. Er schuf bedeutende Kunstwerke für die Memminger Kirchen sowie für umliegende Klöster und Adelsfamilien. Am 4. September 1719 verstarb Sichelbein im Alter von 71 Jahren. Für die Memminger Kreuzherren hat er 1709/11 die Kirche freskiert und einen „Apostelzyklus“ gemalt. Dieser wurde nach der Säkularisation des Klosters 1802 verkauft und befindet sich heute Augsburg-Oberhausen (St. Peter & Paul). Vom 8. bis zum 15. September 2019 ist ein Ausschnitt des Zyklus an seinem ursprünglichen Bestimmungsort zu sehen – ebenso Sichelbeins zwischen 1708 und 1717 für die protestantische Kirche Sankt Martin gefertigte Ölgemälde.
Programm zum Download
Publikationen über das Memminger Heilig-Geist-Spital und Johann Friedrich Sichelbein
Weis, Markus: Zur Konzeption der Wiederherstellung des Kreuzherrensaales, in: Das Kreuzherrenkloster in Memmingen. Beiträge zur Geschichte und Restaurierung (Arbeitshefte des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege, hg. von der Stadt Memmingen und dem bayerischen Landesamt für Denkmalpflege 116), München 2003, S. 44-46
Stetter, Ingrid: Zur Sanierung des ehemaligen Kreuzherrenklosters, in: Das Kreuzherrenkloster in Memmingen. Beiträge zur Geschichte und Restaurierung (Arbeitshefte des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege, hg. von der Stadt Memmingen und dem bayerischen Landesamt für Denkmalpflege 116), München 2003, S. 63-68
Engelhard, Christoph: Kloster, Spital, Amts- und Kulturhaus. Zur Bau- und Nutzungsgeschichte des ehem. Kreuzherrenklosters in Memmingen, in: Das Kreuzherrenkloster in Memmingen. Beiträge zur Geschichte und Restaurierung (Arbeitshefte des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege, hg. von der Stadt Memmingen und dem bayerischen Landesamt für Denkmalpflege 116), München 2003, S. 10-20
Glaser, Sabine: Kunsthistorische Anmerkungen zum Kreuzherrenkloster, in: Das Kreuzherrenkloster in Memmingen. Beiträge zur Geschichte und Restaurierung (Arbeitshefte des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege, hg. von der Stadt Memmingen und dem bayerischen Landesamt für Denkmalpflege 116), München 2003, S. 28-29
Bayer, Günther: Johann Friedrich Sichelbein und die Fresken im Memminger Kreuzherrensaal, in: Das Kreuzherrenkloster in Memmingen. Beiträge zur Geschichte und Restaurierung (Arbeitshefte des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege, hg. von der Stadt Memmingen und dem bayerischen Landesamt für Denkmalpflege 116), München 2003, S. 30-35
Maus, Helmut und Rainer Barthel: Statisch-konstruktive Sicherungs- und Instandsetzungsmaßnahmen, in: Das Kreuzherrenkloster in Memmingen. Beiträge zur Geschichte und Restaurierung (Arbeitshefte des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege, hg. von der Stadt Memmingen und dem bayerischen Landesamt für Denkmalpflege 116), München 2003, S. 85-93
Menath, Günther: Restauratorische Voruntersuchung und Befundsicherung, in: Das Kreuzherrenkloster in Memmingen. Beiträge zur Geschichte und Restaurierung (Arbeitshefte des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege, hg. von der Stadt Memmingen und dem bayerischen Landesamt für Denkmalpflege 116), München 2003, S. 94-105
Debold, Franz und Dieter Schütz: Zur Restaurierung von Deckengemälden und Wandfassungen, in: Das Kreuzherrenkloster in Memmingen. Beiträge zur Geschichte und Restaurierung (Arbeitshefte des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege, hg. von der Stadt Memmingen und dem bayerischen Landesamt für Denkmalpflege 116), München 2003, S. 106-110
Sontheimer, Franz Xaver: Sichelbein in Augsburg-Oberhausen - Apostelzyklus der Memminger Kreuzherrnkirche wieder entdeckt, in: Der Spiegelschwab. Zeitungsbeilage der Memminger Zeitung 2010, S. 5/8
Lory, Peter: Matthias Stiller von Ettringen, der Stukkator der Kreuzherrenkirche in Memmingen, in: Das Münster 1, 1947/48, S. 303/304