Erinnerungsort Hühnerberg
In mehr als zwei Jahren hat eine Arbeitsgruppe des Historischen Vereins Memmingen schon bekannte Fakten zur Stadtteilgeschichte zusammengefasst, an vielen Stellen vertieft oder ergänzt und mit Fotografien oder Dokumenten illustriert.
Ziel war es, Informationstafeln zu erstellen, die vor Ort am Hühnerberg die Menschen des Quartiers, aber auch die Besucher und Spaziergänger informieren, wie es zur Besiedlung des Stadtteils gekommen ist.
Im Rahmen des Projekts „Zeitmaschine Freiheit“ des Memminger Stadtmuseums („Angekommen in der neuen Heimat“ bis Ende Okt. 2017) sind die Informationstafeln im Juli 2017 erstmals da angekommen, wo sie hingehören – an den Ort des Geschehens und sichtbar für Alle.
(6) Ab 1946 konnten in schon vorhandenen Gebäuden und Baracken hier oben rund um den heutigen Rübezahlplatz zahllose Flüchtlinge und Heimatvertriebene aus den deutschen Ostgebieten untergebracht werden – „angekommen in der neuen Heimat“ – angekommen in einer freiheitlichen Gesellschaft ohne Diktatur und Fremdbestimmung. Es folgte ab 1949 ein umfangreiches Siedlungs- und Wohnbauprogramm durch die Stadt Memmingen und die Memminger Wohnungsbaugenossenschaft, das dem Stadtteil sein heutiges Gesicht gab.
(4/5) Möglich war die Unterbringung von Menschen hier, weil die Gebäude und Baracken des ehemaligen Stalag VII B bzw. der vorherigen Kaserne der Wehrmacht seit Kriegsende leer standen. Stalag VII B – das war ein Lager für etwa 2.000 Kriegsgefangene der Wehrmacht und zugleich eine Lenkungsstelle für den Arbeitseinsatz von mehr als 20.000 Zwangsarbeitern in mehr als 800 Arbeitskommandos in unserer Region – bis zur Befreiung durch US-amerikanische Soldaten am 26. April 1945.
(3) Etwa 10 Jahre zuvor waren die Gebäude mit ihrem charakteristischen Aussehen (Holzfassaden im Obergeschoss) unter großem Einsatz der Memminger Geschäftswelt für eine SA-Sportschule errichtet worden. Die beiden Lagerkomplexe (Oberes und Unteres Lager, damals noch ohne Baracken) sollten der „Wehrertüchtigung“ der Jugend im Nationalsozialismus dienen, was allerdings nur kurz gelang.
(2) Dass es zur Errichtung der SA-Sportschule 1933 kam, hat viel mit dem „Volks- und Sportpark“ zu tun, den die Stadt 1929 unter großem finanziellen Aufwand am Fuße des Hühnerbergs errichtete. Seither fanden und finden dort Sänger-, Turn- und Sportfeste statt; seither machen dort auch Kinderfest und Fischertag Station.
(1) Den Startschuss für Memmingens Westen als Erholungsgebiet aber gab 1904 der Memminger Verschönerungsverein, als er an der Landstraße nach Lindau (heute Bodenseestraße genannt) einen Aussichtsturm und ein Netz von Spazierwegen errichtete. Nationalgesinnte benannten den Turm 1908 im Rausch ihrer Bismarckverehrung nach dem Reichskanzler und Memminger Ehrenbürger um. Damals konnte man am Horizont noch die Alpen sehen – als einen unveränderlichen Anker in einer sich damals schon rasant verändernden Welt.
Die Geschichte des Stadtteils Hühnerberg reicht also ins frühe 20. Jahrhundert zurück. Seine wichtigsten Etappen lassen sich wie an einem roten Faden aneinanderreihen – Eines folgte dem Anderen, scheinbar konsequent, in jedem Fall immer wie ein Spiegelbild der Zeit, geprägt von Monarchie, Demokratie, Diktatur und Freiheit. Wohl nirgends in Memmingen kann man den Höhen und Tiefen des 20. Jahrhunderts besser nachspüren als im Memminger Stadtteil am Hühnerberg.(2) Dass es zur Errichtung der SA-Sportschule 1933 kam, hat viel mit dem „Volks- und Sportpark“ zu tun, den die Stadt 1929 unter großem finanziellen Aufwand am Fuße des Hühnerbergs errichtete. Seither fanden und finden dort Sänger-, Turn- und Sportfeste statt; seither machen dort auch Kinderfest und Fischertag Station.