Memminger Geschichtsblätter (Sonderhefte)
Als Sonderhefte in der Reihe der Memminger Geschichtsblätter erschienen von 2015 bis 2022 die Übertragungen von Flugschriften der Reformationszeit und des Bauernaufstandes von 1525 ins Neuhochdeutsche, verfasst von Heide Ruszat-Ewig. Sie widmen sich den Flugschrifen Sebastian Lotzers, den Zwölf Artikeln und der Bundesordnung der oberschwäbischen Bauernschaft.
"Sebastian Lotzer. 5 Flugschriften aus der Reformationszeit"
Mehrere Jahre hat Heide Ruszat-Ewig die Flugschriften des Sebastian Lotzer bearbeitet und in ein modernes Deutsch übertragen. Nun konnten ihre Studien in einer Publikation präsentiert werden, die die Leser unserer Zeit unmittelbar in die Gedankenwelt der frühen Reformationszeit hineinführt.
Sebastian Lotzer veröffentlichte zwischen 1523 und 1525 fünf Flugschriften, die er selbst als „buochlin“ bezeichnete. In ihnen wandte er sich an seine Glaubensbrüder, die sich nach einer wahrhaften Auslegung des Wortes Gottes sehnten, mitunter aber als Aufrührer galten. Mit den Worten „„Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, die Seele aber können sie nicht töten.“ spendete er ihnen Trost und rief sie dazu auf, mündige Christen in einer gefährlichen Zeit zu sein: "Du musst selbst Verantwortung für dich übernehmen". Auch die Laien hätten Macht und Recht, Gottes Wort in Wort und Schrift zu lehren: „Es gibt kein höheres Amt in der Welt als Predigen.“
Ruszat-Ewigs Vergleiche mit den Werken Martin Luthers zeigen, welche Wertschätzung Sebastian Lotzer dem Reformator entgegengebracht hat. Lotzer übernahm unter anderen dessen Zwei-Reiche-Lehre, indem er schreibt, dass der Geist allein es sei, der lebendig macht. Das Fleisch dagegen habe keinen Nutzen, denn es strebe immer gegen den Geist. Seinen Vater (und damit alle seine Leser) forderte er auf: „Nun besieh dir Luthers Büchlein! Da wirst du finden, dass er uns allein auf Jesus Christus und sein göttliches Wort verweist, all unsere Frömmigkeit, auch die eigenen Werke verwirft und zunichte macht.“
Indem Lotzer jeden Einzelnen aufrief, selbst für sich Verantwortung zu übernehmen, wurden seine Schriften zur Herausforderung für die kirchlichen und weltlichen Autoritäten. Im Frühjahr 1525 setzte er seine ganze Kraft für die Formulierung der bäuerlichen Beschwerden in der Memminger Kramerzunftstube ein, die sog. 12 Bauernartikel. Seiner sicheren Hinrichtung konnte er sich im Sommer nur durch die Flucht aus der Reichsstadt Memmingen ins schweizerische St. Gallen entziehen, wo sich seine Spur verliert.
„Sebastian Lotzer – 5 Flugschriften aus der Reformationszeit“ – ein Sonderheft der Memminger Geschichtsblätter, herausgeben vom Historischen Verein Memmingen, produziert und gedruckt mit finanzieller Unterstützung der Stadt Memmingen, 237 Seiten mit Abbildungen aller Flugschriften, zum Preis von 10 Euro erhältlich im Memminger Buchhandel und beim Historischen Verein Memmingen e.V. (Tel. 08331 850143, info@hv-memmingen.de)
"Die 12 Bauernartikel. Flugschrift aus dem Frühjahr 1525"
Die 12 Artikel sind Anklagen der Bauern gegen herrschaftlichen Zwang und Gewalt. Sie beklagen die Leibeigenschaft, willkürliche Rechtsprechung, Enteignung von Gemeindeland und die Schutzlosigkeit, mit der sie im Sterbefall Abgaben ausgeliefert sind.
Dagegen soll das christliche Liebesgebot von nun an verpflichtende soziale Norm werden. Leibeigenschaft soll es nicht mehr geben, weil sie der Freiheit widerspricht, die Christus allen Menschen zugesichert hat.
In kommunaler Selbstverwaltung wollen die Bauern eigene Verantwortung übernehmen. Ausdrücklich betonen sie den Verzicht auf Gewalt. Sie setzen vielmehr auf eine einvernehmliche Lösung bei den beklagten Missständen im Rahmen christlicher brüderlicher Liebe und auf die Akzeptanz ihrer Menschenwürde. Die 12 Artikel sind die sechste, anonyme Flugschrift des reformatorischen Vorkämpfers und Laienpredigers Sebastian Lotzer, der sich damit zum Anwalt der Bauern gemacht hat.
„Die 12 Bauernartikel. Flugschrift aus dem Frühjahr 1525“ – ein Sonderheft der Memminger Geschichtsblätter, herausgeben vom Historischen Verein Memmingen, produziert und gedruckt mit finanzieller Unterstützung der Stadt Memmingen, 119 Seiten mit Abbildung der Flugschrift, zum Preis von 5 Euro erhältlich im Memminger Buchhandel und beim Historischen Verein Memmingen e.V. (Tel. 08331 850143, info@hv-memmingen.de)
"Was geschah im März 1525 in der Kramerzunftstube in Memmingen?"
Nach den Flugschriften Sebastian Lotzers ("5 Flugschriften aus der Reformationszeit") und den Zwölf Artikeln ("Flugschrift aus dem Frühjahr 1525") hat Heide Ruszat-Ewig nun auch das Dokument der Versammlung der oberschwäbischen Bauernvertreter in der Memminger Kramerzunftstube ins Neuhochdeutsche übertragen. Die Autorin setzt sich dabei mit den Inhalten, Hintergründen und Schwerpunkten der Bündnisbestimmungen ("Handlung und Artikel ..." sog. Bundesordnung) auseinander und umschreibt, welche Positionen reformatorisch gesinnte Theologen (u.a. Martin Luther, Philipp Melanchthon, Andreas Osiander, Konrad Sam, Johannes Brenz, Ulrich Zwingli und Mathias Waibel) zu den Beschwerden der Bauern vertraten.
„Was geschah im März 1525 in der Kramerzunftstube in Memmingen? Bauern zwischen Gewaltbereitschaft und Friedenswillen" – ein Sonderheft der Memminger Geschichtsblätter, herausgeben vom Historischen Verein Memmingen, produziert und gedruckt mit finanzieller Unterstützung der Stadt Memmingen, 104 Seiten mit Übertragung und Abbildung der Bundesordnung, zum Preis von 5 Euro erhältlich im Memminger Buchhandel und beim Historischen Verein Memmingen e.V. (Tel. 08331 850143, info@hv-memmingen.de)