Erläuterung wichtiger Begriffe
- Abendmahl
- Allgäuer Haufen
- Altgläubig
- Antoniter
- Baltringer Haufen
- Bauern der Reichsstadt
- Bürgermeister
- Bundesordnung
- Christliche Vereinigung
- Disputation
- Dorfamman
- Dorfgericht
- Dorfordnung
- Dorfvierer
- Ehrschatz
- Elsbethenkloster
- Evangelisch
- Feldschreiber
- Frauenkirche
- Fürstabtei
- Geistlicher
- Gerichtsbarkeit
- Großzehnt
- Großzunft
- Grundherrschaft
- Heilig-Geist-Orden
- Heilig-Geist-Spital
- Höpp
- Katholisch
- Kirche Sankt Martin
- Kirche zu Unserer Lieben Frau
- Kleinzehnt
- Kleriker
- Kloster
- Kramerzunft
- Kreuzherren
- Landsknecht
- Lateinschule
- Leibeigenschaft
- Lotzer
- Lutherisch
- Magistrat
- Megerich
- Messe
- Neugläubig
- Patrizier
- Patronatsrecht
- Pfarrer
- Pfleger
- Prädikaturstiftung
- Prediger
- Priester
- Rat
- Reformation
- Reichsstadt
- Religionsgespräch
- Sankt Martin
- Schappeler
- Schwäbischer Bund
- Seehaufen
- Spital
- Stadtamman
- Stadtrat
- Stadtschreiber
- Türmer
- Unser Frauen
- Unterhospital
- Wormser Edikt
- Zehn Artikel
- Zehnt
- Zunft
- Zwölf Artikel
Abendmahl
Das Abendmahl gründet sich auf biblische Überlieferungen. Im Neuen Testament hat Jesus mit Menschen Tischgemeinschaft, die am Rand der Gesellschaft stehen. Besonders wichtig ist das Passahmahl, das er am Vorabend seiner Kreuzigung mit seinen Jüngern feiert. Jesus teilt Brot und Wein und macht daraus ein Zeichen der Verbindung mit ihm über den Tod hinaus. Daran erinnern sich Christen, wenn sie heute Abendmahl feiern. Sie glauben, dass Jesus in Brot und Wein gegenwärtig ist. Ob seine Gegenwart symbolhaft oder wesenhaft zu verstehen ist, wird von den christlichen Konfessionen verschieden gedeutet. Auch die Austeilung wird unterschiedlich gehandhabt. Kennzeichen einer „evangelischen“ Abendmahlsfeier ist zum einen die Austeilung in beiderlei Gestalt: die Gläubigen erhalten Brot und Wein bzw. Traubensaft; und zum anderen die Einladung an alle getauften Christen, unabhängig ihrer Konfessionszugehörigkeit. Eng verbunden mit dem Abendmahl ist der Zuspruch der Vergebung und die Versöhnung untereinander. Daraus schöpfen die Gläubigen Trost und Kraft für einen Neuanfang im Alltag. Im Abendmahl wird auch das zukünftige Heilsgeschehen vergegenwärtigt: es ist ein Vorgeschmack der Freude und Gemeinschaft in Gottes Ewigkeit.
Allgäuer Haufen
Ein "Haufen" ist eine unbestimmte Anzahl von Dingen oder Menschen. Der Allgäuer Haufen war im Bauernkrieg ein Zusammenschluss von 7.000 bis 9.000 Bauern aus dem oberen Allgäu. In Gesprächen mit dem Fürstabt von Kempten beschwerten sie sich wegen zu hoher Steuern, forderten die Abschaffung der Leibeigenschaft* und die Freigabe von Jagd und Fischerei. Statt des Zehnten sollten die Pfarrer künftig durch Geldzahlungen besoldet werden. Außerdem sollten ihre früheren Rechte wiederhergestellt werden. Als ihre Bemühungen vergeblich waren, belagerten und plünderten sie mehrere Burgen im Allgäu (z.B. Liebenthann bei Obergünzburg und Wolkenberg bei Wildpoldsried). Im Juli 1525 mussten sie vor den Truppen des Schwäbischen Bunds unter dem Kommando des Jörg Truchsess von Waldburg und den Landsknechten des Georg von Frundsberg fliehen und kapitulierten am 14. Juli bei Leubas in der Nähe von Kempten.
Altgläubig
Mit „altgläubig ist das Festhalten der Kirche an der bisherigen Lehre und dem Ablauf des Gottesdienstes in lateinischer Sprache gemeint. Später wurde dafür der Begriff „katholisch“ verwendet.
Antoniter
1095 wurde in Südfrankreich in Saint Antoine die geistliche Gemeinschaft der Antoniter gegründet. Ihre Hauptaufgabe war die Krankenpflege. Besonders nahm sie sich der Behandlung von Menschen an, die am Mutterkornbrand (auch Antoniusfeuer genannt) erkrankt waren. Die Krankheit wurde ausgelöst, wenn das Getreide von dem giftigen Mutterkornpilz befallen war. Die Erkrankten litten unter Darmkrämpfen und Durchblutungsstörungen, wodurch die Gliedmaßen unter großen Schmerzen abstarben. 1214 wurde in Memmingen eine Niederlassung der Gemeinschaft errichtet, das Antonierhaus. Der Vorsteher (=Präzeptor) des Hauses war zugleich auch Pfarrer an der Sankt-Martins-Kirche. Das Antonierhaus war damit gleichzeitig Pfarrhaus und Spital (=Krankenhaus) und die benachbarte Kirche (heute Kinderlehrkirche) war die Spitalkirche. Finanziert wurde diese soziale Einrichtung durch (über-)regionale Sammlungen und durch die Abgaben der Bauern in der Umgebung. (Zwischen dem Spital, der Spitalkirche und St.-Martins-Kirche stand früher ein großer Zehntstadel)
Baltringer Haufen
Ein Haufen ist eine unbestimmte Anzahl von Dingen oder Menschen. Der Baltringer Haufen war im Bauernkrieg 1525 ein Zusammenschluss von bis zu 30.000 Bauern aus der Gegend zwischen Biberach und Ulm. Ihr Sprecher war Ulrich Schmid, ein Schmied aus Sulmingen, ihr Feldschreiber der Memminger Bürger Sebastian Lotzer. Die Bauern forderten z.B. die Abschaffung der Leibeigenschaft*, Erleichterung der Frondienste* und Änderungen beim Zehnt*. Sie wollten ihre Forderungen in Verhandlungen und mit Gewaltlosigkeit durchsetzen. Der Schwäbische Bund als Zusammenschluss der Herrschaften antwortete jedoch mit Gewalt. In der Schlacht von Leipheim am 4. April 1525 erlitten die Bauern eine vernichtende Niederlage.
Bauern der Reichsstadt Memmingen
Bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts hatte die Reichsstadt Memmingen die Dörfer Egelsee, Frickenhausen und Woringen erworben. Der Unterhospitalstiftung und reichen Bürgern gehörten Höfe und Dörfer von Kardorf bis Rettenbach und Arlesried sowie von Hetzlinshofen bis Pleß. Über alle diese Dörfer übte die Stadt die Hoheitsrechte aus, d.h. sie kümmerte sich um die öffentliche Ordnung, die Sicherheit und das Wohl der Menschen. Im Februar 1525 fassten die Bauern dieser Dörfer ihre Beschwerden in zehn Artikeln zusammen. Nachdem ihnen die Stadt einige Zugeständnisse machte, beteiligten sich die Bauern nicht am Bauernkrieg.
Bürgermeister
Seit 1347 wurde der Bürgermeister in der Reichsstadt Memmingen von der „Gemeinde“ gewählt. Die „Gemeinde“ setzte sich aus den zwölf Zunftmeistern (= Vorsteher der Zünfte*) und je elf Vertretern aus jeder Zunft zusammen. Der Bürgermeister wurde für ein Jahr gewählt und durfte danach erst nach einer Pause von zwei Jahren wiedergewählt werden. Gewählt wurden zunächst nur Mitglieder der Oberschicht, also der Großzunft, ab dem späten 15. Jahrhundert auch Vertreter der Handwerker-Zünfte.
Bundesordnung
Siehe Christliche Vereinigung
Christliche Vereinigung
Am 7. März 1525 schlossen sich die Vertreter der oberschwäbischen Bauernhaufen (Allgäuer Haufen, Baltringer Haufen, Seehaufen) in der Zunftstube der Kramer in Memmingen zur Christlichen Vereinigung zusammen. Damit wollten sie ihre Interessen gegenüber dem Schwäbischen Bund besser durchsetzen. Mit der eigens verfassten Bundesordnung wurde der Christlichen Vereinigung eine innere Struktur gegeben. Auch das Zusammenleben der Mitglieder untereinander sowie das Verhältnis zur Obrigkeit und zur Kirche wurden geregelt.
Disputation
Unter einer „Disputation“ verstand man in der Reformationszeit ein öffentliches Streitgespräch zwischen Gelehrten über ein wissenschaftliches oder theologisches Thema.
siehe Religiongespräch
Dorfamman
siehe Dorfordnung
Dorfgericht
siehe Dorfordnung
Dorfordnung
Im 15. Jahrhundert entstanden in den Dörfern, die zur Reichsstadt Memmingen gehörten, einige Dorfordnungen. Diese regelten das Zusammenleben im Dorf sowie die Besitzverhältnisse und die Rechte der Bauern. Der Grundherr bestellte einen Dorfammann. Er musste die dörflichen Angelegenheiten regeln. Ihm zur Seite standen die Dorfvierer, die je zur Hälfte von den großen und den kleinen Bauern gewählt wurden. Das Dorfgericht kümmerte sich um eine Schlichtung bei Konflikten und um eine Bestrafung bei Vergehen. Es stand unter der Aufsicht der städtischen Verwaltung und des städtischen Gerichts. Die Zusammensetzung des Dorfgerichts bestimmten der Dorfammann und die Dorfbevölkerung.
Dorfvierer
siehe Dorfordnung
Ehrschatz
Der Ehrschatz (lateinisch laudemium) war eine im gesamten römisch-deutschen Reich unter verschiedenen Bezeichnungen übliche Abgabe im Rahmen der Grundherrschaft. geistliche und weltliche Grundherren verliehen an die Bauern Güter, sogenannten Lehen. Der Grundherr hatte das Recht bei jedem Wechsel des bäuerlichen Lehensträgers den Ehrschatz einzuheben, der meist 3–6 % vom Wert des verliehenen Guts betrug. Bei Erblehen war das beim Übergang vom Vater auf den Sohn oder die Tochter und beim Verkauf der Fall, bei den Schublehen bei der Neuvergabe. „Bezahlt“ wurde oft in Form der besten Kuh (Besthaupt). Im Hochmittelalter wurde dann oft die Zahlung einer Geldsumme eingeführt. Nach dem Bauernkrieg wurden der Ehrschatz nach und nach unüblich.
Elsbethenkloster
Das Memminger Augustinereremitinnen war der Heiligen Elisabeth geweiht und ist 1252 erstmals urkundlich erwähnt, damals noch außerhalb der Stadtmauern. Aufgrund ihrer schwarzen Kleidung wurden Nonnen auch die „schwarzen Schwestern“ genannt. Die Gemeinschaft übernahm Aufgaben der Armen- und Krankenpflege und unterstand dem Augustinereremitenkloster am Marktplatz. Aus einigen Bauernhöfen des Umlandes bezog das Kloster Abgaben. Im Laufe der Zeit traten auch Töchter vermögender Familien ein, und so wuchs der Wohlstand des Klosters. Ab 1522 predigten Christoph Schappeler, Christoph Gerung und Job Ulin im reformatorischen Sinn im Kloster. Nach und nach traten die Schwestern zum lutherischen Glauben über. 1529 löste sich der Konvent auf und das Vermögen wurde gegen Entschädigungszahlungen an das städtische Spital übertragen. 1472-1475 wurde ein Kreuzgang errichtet, ausgeschmückt mit Fresken des Memminger Malers Hans Strigel. Der ehemalige Stadel ab 1620 als Zeughaus, ab 1802 als Theater. Kirche und Kloster wurden abgebrochen. Heute befindet sich hier das Landestheater Schwaben.
Evangelisch
siehe
Feldschreiber
Im Landsknechtswesen bedurfte es eigener Schreiber zur Erfassung und Besoldung der Landsknechte. Ähnliches lässt sich zu Beginn des Bauernaufstandes 1524/1525 bei der Aufstellung von sog. "Bauernhaufen" beobachten.
Frauenkirche
Fürstabtei
Unter einer Fürstabtei versteht man ein Klöster (z.B. die Benediktinerabtei Kempten), die auf der Basis von Grund- und Gerichtsrechten eine herrschaftliche Position errang.
Geistlicher
Gerichtsbarkeit
Spital und Bürger besaßen vielfach die niedere Gerichtsbarkeit in ihren Dörfern oder über ihre Untertanen, Geahndet wurden Beleidigungen, Raufereien oder Verstöße gegen die Dorfordnung mit Geldbußen, Gefängnis oder Verbannung. Taten, die mit Körperstrafen oder gar mit dem Tod durch Rädern, Enthaupten oder Hängen bestraft wurden (Raub und Mord, Diebstahl oder Hexerei), unterstanden der hohen Gerichtsbarkeit. Diese wurde von der Reichsstadt Memmingen angestrebt, aber 1525 außerhalb der Stadtmauern noch bis ins 18. Jahrhundert von verschiedenen Herrschaften beansprucht (u.a. Landvogtei Schwaben).
Großzehnt
siehe Zehnt
Großzunft
Mit Beginn der Zunftherrschaft 1347 bildeten die alten Ministerialengeschlechter (hohe Beamte des Königs oder Herzogs) zusammen mit den Kaufleuten eine eigene Zunft. Die Mitglieder dieser in sich geschlossenen Oberschicht wurden auch als Patrizier bezeichnet. Im 14. Jahrhundert wurde die sog. Zunftverfassung eingeführt und damit der Einfluss der Patrizier in den Ratsgremien reduziert. Eine verfassungsmäßig verankerte Vormachtstellung erhielten die Patrizier erst wieder 1551/52 durch eine Abwertung der bürgerlichen Zünfte und eine gesicherte Mehrheit im Kleinen Rat. Über Jahrhunderte prägte die "Adelige Gesellschaft zum goldenen Löwen" die politische, wirtschaftliche und kulturelle Ausrichtung der Reichsstadt - bis zum Übergang Memmingens an das Kurfürstentum Bayern.
Grundherrschaft
Die Bewirtschaftung von Grund und Boden erfolgte in der mittelalterlichen Feudalgesellschaft durch den Grundholden (Bauern). Er war dem adeligen oder kirchlichen Grundherren zu Erb- oder Leibrecht untertan, also abgabe- und dienstpflichtig. Den Pflichten des Bauern, und zwar Treue und Gehorsam, standen seitens des Grundherren Schutz und Schirm gegenüber. Im Bestandsbrief (des Grundherrn) und im Bestandsrevers (des Bauern) wurde dies niedergeschrieben. Vielfach waren im Dorf "Zwing und Bann" (niedere Gerichtsbarkeit) sowie der Kirchenbann, also das Patronatsrecht über die Dorfkirche mit der Grundherrschaft verknüpft, was in die Ortsherrschaft mündete.
Heilig-Geist-Orden
Der Orden der Chorherren vom Heiligen Geist wurde zu Beginn des 13. Jahrhunderts in Montpellier gegründet und hatte seinen Hauptsitz in Rom. Die Ordensangehörigen folgten der Regel des Augustinus und waren durch ein Kreuz mit zwei Querbalken auf einem schwarzen Habit erkennbar. Im Volksmund wurden sie deshalb Kreuzherren Innerhalb weniger Jahrzehnte sorgten sie sich um Hospitäler in Frankreich, Italien und Deutschland, darunter ein Teil der Heilig-Geist-Spitaler, u.a. in Memmingen. Infolge von Reformation, Französischer Revolution und Säkularisation gingen viele Spitäler verloren oder in städtische Verwaltung über; 1847 erfolgte die Auflösung des Ordens.
Heilig-Geist-Spital
Zu Beginn des 13. Jahrhunderts wurde in der aufstrebenden Reichsstadt Memmingen ein Spital gegründet und dem Heilig-Geist-Orden übergeben. Im Spital wurden Kranke gepflegt, Alte versorgt, Waisenkinder erzogen, Pilger aufgenommen. In der benachbarten (zweischiffigen) Spitalkirche traten zur christlichen "caritas" religiöse Riten, die die "Armen Dürftigen" in ihrer Hoffnung auf das himmlische Seelenheil bestärkten. Ab der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts wurde das "Unterhospital" von reichsstädtischen Pflegern verwaltet, während die Seelsorge beim "Oberhospital" und somit beim Orden verblieb. Zur Finanzierung seiner Aufgaben erwarb das Spital vor allem ab dem zweiten Drittel des 15. Jahrhunderts zahlreiche Höfe im Memminger Umland, oft verbunden auch mit Gerichts- und Kirchenrechten. Auf der Basis von spitalischem und bürgerlichem Grundbesitz griff die Reichsstadt als Obrigkeit zu Beginn des 16. Jahrhundert mit landesherrlichen Verordnungen in den Lebensalltag von Stadt und Land ein.
Höpp
Paul Höpp war von 1521 bis 1525 Rektor (?) der Memminger Lateinschule. Er stammte aus Augsburg und war einer der führenden Männer im Aufbegehren von Bürgern und Bauern im Frühjahr 1525. Nach der Besetzung Memmingens im Juni 1525 durch den Schwäbischen Bund wurde er zusammen mit anderen verhaftet und ohne Prozess auf dem Marktpatz hingerichtet (enthauptet).
Katholisch
Die katholische Kirche ist eine der christlichen Konfessionen. Zahlenmäßig ist sie weltweit und auch in Deutschland die größte Konfession. Da sich die Zentrale in Rom befindet und in Abgrenzung zu anderen Kirchen wird sie meist als "römisch-katholisch" bezeichnet. Oberhaupt und bekanntester Vertreter des katholischen Glaubens ist der Papst.
Kirche Sankt Martin
Die Geschichte von Memmingens Hauptkirche im welfisch-staufischen Siedlungskern der Reichsstadt reicht ins Hochmittelalter zurück. Sie war religiöser Mittelpunkt der Bürger, ihrer Zünfte und Bruderschaften. In der Verehrung einer Bluthostie aus dem Benninger Ried wurde sie zeitweilig zur Wallfahrtskirche. Zahlreiche Priester lasen an verschiedenen Altären Messe und versammelten sich zum Chorgebet im Hochchorim Chorgestühl, das von 1501 bis 1507 neu errichtet wurde. Pfarrer der Kirche war seit dem frühen 13. Jahrhundert der Präzeptor der benachbarten Präzeptorei der Antoniter. Durch die Predigten Christoph Schappelers wurde die Kirche zum Zentrum der Reformation in der Stadt bzw. in der Region.
Kirche zu Unserer Lieben Frau
Auf dem Boden einer hochmittelalterlichen Kirche errichtete der Heilig-Geist-Orden, dem die Kirche als Patronatsherrn inkorporiert war, zur Mitte des 15. Jahrhunderts eine spätgotische Kirche, die als Kapitelskirche zu einem religiösen Mittelpunkt der Region wurde - ausgestattet mit bemerkenswerten Fresken der Künstlerwerkstatt um Hans Strigel d.Ä. Die Kritik der Gemeinde an der hergebrachten Messliturgie wurde an Weihnachten 1524 zu einer Wegmarke der Memminger Reformation. Der Streit zwischen Orden und Reichsstadt endete Jahrzehnte später in der Vereinbarung einer gemeinsamen Nutzung des Kirchenraumes (Simultaneum).
Kleinzehnt
siehe Zehnt
Kleriker
siehe Priester
Kloster
Ein Kloster ist eine Einrichtung für Menschen, die ihr Leben in Gemeinschaft ganz ihrer Religion widmen möchten. Es gibt Klöster für Männer (Mönche) und Klöster für Frauen (Nonnen). Das Leben im Kloster erfolgt nach klaren Regeln und festen Zeiten für Beten, Arbeiten und Studieren. Klöster gibt es in vielen Religionen. Im Bereich der evangelischen Kirche wurden Klöster im Zuge der Reformation abgeschafft. (Inzwischen gibt es wieder ähnliche Einrichtungen, sie werden Kommunitäten genannt.)
Kramerzunft
Die Zunft der Kramer (Händler) war die größte der 11 Zünfte Memmingens. In dem stattlichen Gebäude am Weinmarkt befindet sich auch eine große Zunftstube mit einer eindrucksvollen geschnitzten Holzdecke aus der Zeit vor der Reformation. In dieser Zunftstube trafen sich im März 1525 dreimal die Abgeordneten der oberschwäbischen Bauernhaufen, der Baltringer Haufen, der Seehaufen und der Allgäuer Haufen.
Kreuzherren
siehe Heilig-Geist-Orden
Landsknecht (Reisläufer)
Unter einem Landsknecht wird ein zu Fuß kämpfender, mit einer Pike (auch Spieß oder Lanze genannt) bewaffneter Soldat gemeint. Landsknechte wurden aus Bürger- und Bauernschaft angeworben. Sie werden zunächst nur auf eine bestimmte Zeit in Regimentern und Fähnlein (ca. 400 Mann) organisiert und sollten dafür einen festen Lohn (Sold) bekommen. In der Zeit um 1525 (in der Frühen Neuzeit) entstand diese neue Form des Soldatentums. Landsknechte waren in vielen Reichskriegen im Einsatz, um 1500 und in den Jahren danach zum Beispiel in der Schweiz oder in Italien. Landsknechte galten um 1500 aufgrund ihrer disziplinierten Kampfweise als besonders schlagkräftig. Allerdings erwarben sie sich auch den Ruf von Plünderern, da sie bei Ausbleiben des Soldes oft Städte und ganze Landstriche verwüsteten. Als Teil des Heiligen Römischen Reiches war die Reichsstadt Memmingen zur Stellung von Landsknechten bzw. Söldnern zu Fuß verpflichtet.
Lateinschule
Um 1525 gibt es keine Schulpflicht. Die meisten Kinder müssen relativ früh bei ihren Eltern mitarbeiten. Da die Lateinschule Schulgeld kostet, können nur die Kinder von Wohlhabenden die Schule besuchen oder die Kinder von Eltern, die unter großen finanziellen Opfern ihren Kindern einen gesellschaftlichen Aufstieg über Bildung ermöglichen wollten. Die Lateinschule bereitete ihre Schüler (Mädchen waren nicht zugelassen) auf einen geistlichen Beruf in der Kirche oder ein späteres Studium an einer Universität vor. In beiden Fällen war die Kenntnis von Latein Voraussetzung, da Latein an Kirche und Universität die Gelehrtensprache war. Das Erlernen der lateinischen Sprache und die Lektüre lateinischer Texte benötigte daher die meiste Zeit im Unterricht. Lateinisch war auch die Unterrichtssprache. In Memmingen gab es seit dem Hochmittelalter eine Lateinschule, die für das 15. Jahrhundert in der Unteren Bachgasse nachweisbar ist und über die der Bischof von Augsburg die Oberaufsicht hatte. Neben der Lateinschule gab es auch noch die viel anspruchslosere Deutsche Schule. Sie vermittelte vor allem Kenntnisse in Lesen und Schreiben für Jungen und Mädchen.
Leibeigenschaft
Leibeigene Bauern standen in einem besonders engen, mit Hand- und Spanndiensten (Frondienste) verknüpften Verhältnis zum Herrn. "Eigenleute", so wurden die Leibeigenen auch genannt, waren in ihrer Freiheit eingeschränkt und an den Grund des Leibherrn gebunden, d.h. sie durften nicht einfach ohne Erlaubnis ihres Herrn wegziehen. Auch Eheschließungen bedurften seiner Zustimmung. Man geht davon aus, dass die Ausweitung der Leibeigenschaft eine der Hauptursachen des Bauernaufstandes von 1525 war.
Lotzer
Sebastian Lotzer legte in fünf Flugschriften seine Gedanken über eine nötige Reform der Kirche nieder. Bei den Auseinandersetzungen in Religionsfragen in Memmingen stand er an der Seite von Schappeler* und setzte sich für Reformen in der Kirche ein. Er wurde im Februar 1525 Schreiber des Baltringer Haufens. Lotzer war Schreiber bei der Bauernversammlung* am 6./7. März in der Kramerzunftstube* und fasste für die Bauern ihre zahlreichen Beschwerden in den Zwölf Artikeln zusammen.
Lutherisch
Abgeleitet von Martin Luther, der 1517 mit seinen Thesen eine Reform der katholischen Kirche herbeiführen wollte, die schließlich in zur Spaltung des christlichen Glaubens in verschiedene Richtungen (Konfessionen) führte: Katholisch, lutherisch, reformiert (calvinistisch). Streitpunkte waren vor allem
- die Frage, auf welche Weise Gott den Menschen ihre Sünden, also ihr Fehlverhalten gegenüber Gott, vergibt: Durch Buße, gute Taten oder auch Geldspenden an die Kirche als Ausgleich - oder wie Luther meinte, nur aufgrund der Gnade Gottes und des Glaubens der Menschen,
- die Frage, ob neben der Heiligen Schrift, der Bibel, noch andere Texte und religiöse Überlieferungen aus der Tradition der Kirche eine Rolle spielen oder wie es Luther forderte, nur die Bibel,
- die Verweltlichung großer Teile der Kirche
- die Stellung des Papstes, des Oberhaupts der katholischen Kirche, und Rolle und Aufgaben der Pfarrer
- die Feier des Gottesdienstes
- die Sprache, die in den Gottesdiensten und bei der Predigt gesprochen werden sollte (Latein oder Deutsch)
Weitgehend die gleiche Bedeutung wie lutherisch haben Wörter wie reformiert (abgeleitet von Reform bzw. Reformation*) oder protestantisch (abgeleitet von Protest; als auf einem Reichstag die Gedanken Luthers verboten werden sollten, protestierten etliche Reichsfürsten dagegen)
Magistrat
siehe Rat
Megerich
Jakob Megerich war von 1522 bis 1528 Pfarrer der Kirchengemeinde der Frauenkirche (genauer: Zu Unserer Lieben Frau*). Megerich vertrat konsequent die altgläubisch*-katholische Position und lehnte alle neugläubisch*-protestantischen Veränderungen ab. Damit wurde er zu einer Art Gegenspieler zu Schappeler* auf religiösem Gebiet, wie es sich am deutlichsten bei dem Religionsgespräch zu Jahresbeginn 1525 zeigt.
Messe
Unter Messe versteht man einen Gottesdienst bzw. eine Versammlung von Gläubigen zur Feier der katholischen Eucharistie (vgl. auch Priester oder Abendmahl).
Neugläubig
Mit "neugläubig" ist das Abwenden von der althergebrachten (später als "katholisch" bezeichneten) Lehre und Liturgie der Kirche gemeint, was später als "lutherisch", "protestantisch" oder "evangelisch" umschrieben wurde.
Patrizier
In der Zeit um 1525 (Frühe Neuzeit) versteht man unter Patrizier vornehme, wohlhabende Bürger, die meist Großkaufleute waren und ein Handelsunternehmen führten, das Handelsbeziehungen zu vielen Regionen hatte. Die Patrizier fühlten sich als eine Art Stadtadel und waren meist die Schicht, die das Stadtleben bestimmte. Ab dem späten 15. Jahrhundert waren sie in der Reichsstadt Memmingen gezwungen, auch den Handwerkermeistern politische Teilhabe in den führenden Ämtern einzuräumen.
Patronatsrecht
Das Patronatsrecht beinhaltet das Recht, dem zuständigen Bischof einen Priester auf eine Stelle als Pfarrer in einer Kirchengemeinde vorschlagen zu dürfen. In Memmingen besaßen der Heilig-Geist-Orden ein Patronatsrecht an der Kirche zu Unserer Lieben Frau, die Antoniter ein solches bei der Kirche Sankt Martin. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts besaß das Memminger Spital einige Patronatsrechte in den umliegenden Dörfern; auch einige Bürger waren in den Besitz von Patronatsrechten gelangt.
Pfarrer
Pfleger
Unter einem Pfleger darf man sich keinen Altenpfleger im heutigen Sinn vorstellen. Mit modernen Begriffen würde man ihn eher als eine Mischung aus Alten- und Pflegeheimdirektor und Manager und Vermögensverwalter bezeichnen. Der Rat der Reichsstadt setzt Pfleger ein, die als Treuhändler tätig werden und dem Rat rechenschaftspflichtig sind. Als Pfleger verwaltet er für Klöster oder Stiftungen wie dem Heilig-Geist-Spital deren Besitz (vor allem an Land und an Bauern, die sich gegenüber dem Spital in Leibeigenschaft befinden) und ist für die Betreuung der Bedürftigen, die vom Spital aufgenommen wurden, zuständig.
Prädikaturstiftung
siehe Prediger
Prediger
Die Ansprüche der christlichen Gläubigen an eine niveauvolle Predigt wuchsen vor allem in den gebildeteren Schichten wie dem Kaufmannsstand. Die in religiösen Grundsatzfragen oft nur mäßig ausgebildeten Pfarrer* wurden diesem Anspruch nicht immer gerecht. Der Wunsch der Gemeinde nach einer besseren Predigt führte dann zur Gründung von Prädikaturstiftungen (von lateinische praedicare - predigen) vorwiegend in städtischem Umfeld. In Memmingen richtete 1479 die bedeutende Kaufmannsfamilie Vöhlin eine solche Stiftung ein. Ihr Inhaber war verpflichtet, mehrmals in der Woche in Sankt Martin zu predigen. Seit 1513 übte Christoph Schappeler dieses Amt aus.
Priester
Als Priester bezeichnet man in vielen Religionen eine Person, die als Vermittler zwischen Gott und den Menschen auftritt, weil sie besondere Fähigkeiten hat oder eine Weihe empfangen hat. Dies berechtigt sie zu besonderen religiösen Handlungen in Gotteshäusern. In der christlichen Kirche vor der Reformation* ist ein Priester ein Mann, der sich durch das Studium von religiösen Texten und Vorschriften auf sein Amt vorbereitet und von einem in der Rangordnung höher stehenden Priester, einem Bischof, eine religiöse Weihe erhält. Nach der Priesterweihe darf er den Gottesdienst (auch Messe genannt) in der Kirche abhalten und die Sakramente den Gläubigen spenden bzw. an sie austeilen (Taufe, Firmung, Beichte, Ehe, Krankensalbung, Eucharistie; die Eucharistie wird auch als Kommunion oder Abendmahl bezeichnet. Sie ist für den christlichen Glauben zentral und das Herzstück des katholischen Gottesdienstes. In der Eucharistie wird die Gemeinschaft der Gläubigen mit Jesus Christus und der Kirche gefeiert, indem die Gläubigen den Leib Christi empfangen, um geistlich genährt und gestärkt zu werden.) Christliche Priester werden auch als Geistliche bezeichnet. Ein Pfarrer ist ein Priester, der eine eigene Gemeinde mit einer eigenen Kirche leitet, das heißt Gottesdienste abhält und sich um das religiös-seelische Wohlbefinden der Menschen in der Gemeinde kümmert. Um 1525 war Jakob Megerich Pfarrer der Kirchengemeinde Zu Unserer Lieben Frau*, Caspar von Leutzenbrunn war Pfarrer in St. Martin*, Christoph Schappeler* war Prediger und Priester, aber kein Pfarrer.
Rat
Die Freie Reichsstadt Memmingen ist ein kleiner, weitgehend selbstständiger Stadtstaat (nur der Kaiser steht über ihr) mit einer eigenen Innen- und Außenpolitik. Um 1525 hatte die Freie Reichsstadt eine ziemlich komplizierte Verfassung: Alle wichtigen Entscheidungen wurden im Rat getroffen. Der Rat setzte sich aus den Zunftmeistern der elf Zünfte der Handwerker und dem Zunftmeister der in der sogenannten Großzunft zusammengeschlossenen Kaufleute zusammen. Diese Zunftmeister wurden jeweils jährlich von den Zunftmitgliedern gewählt. Dazu kommen zwölf weitere Mitglieder des Rates ("Ratgeb" genannt), die von den Zünften vorgeschlagen werden und von den sog. Elfern (ebenfalls Zunftvertreter) gewählt werden. Diese 24 Männer werden auch "Kleiner Rat" genannt. Der "Kleine Rat" tagte regelmäßig an drei Tagen pro Woche. Seine vom Stadtschreiber geführten Protokolle sind eine der wichtigsten Quellen der Memminger Stadtgeschichte ab dem frühen 16. Jahrhundert. Mit seiner zugewandten und dialogbereiten Haltung war der Rat wesentlich dafür verantwortlich, dass sich die Memminger Bauern nicht dem Aufstand zuwandten und sich die oberschwäbischen Bauern in der Kramerzunftstube versammeln konnten. Bei besonders wichtigen Entscheidungen wurde der "Kleine Rat" mit weiteren zwei Vertretern je Zunft zum "Großen Rat" erweitert. In der Regel betrug die Amtszeit ein Jahr, danach wurde neu gewählt. Um ein rasches Handeln zu ermöglichen und für die diplomatischen Beziehungen nach außen, zum Beispiel zu anderen Reichsstädten, gab es noch einen Ausschuss des Kleinen Rats, den "Geheimen Rat", der aus drei Zunftmeistern und drei Ratgeben bestand.
Mitsprachemöglichkeiten in der Stadtpolitik hatten also die Kaufleute und die Handwerkermeister. Keine Mitsprachemöglichkeiten hatte das einfache Volk: Gesellen, Knechte, Dienstboten usw. Da eine aktive Teilnahme an der Stadtpolitik viel Zeit benötigte, waren es oft Männer aus dem Kaufmannstand, die wichtige Positionen einnahmen.
Reformation
Der Begriff Reformation (abgeleitet aus dem lateinischen Wort ‚reformare' erneuern, reformieren) fasst die von Luther maßgeblich angestoßene religiöse Erneuerungsbewegung des 16. Jahrhunderts zusammen, die zur Bildung der evangelischen Kirche und zur Aufteilung des Christentums in verschiedene Konfessionen (katholisch, evangelisch, reformiert) führte.
Reichsstadt
Eine Reichsstadt untersteht keinem Reichsfürsten, sondern direkt dem Kaiser, das nennt man auch reichsunmittelbar. Mit der Erlangung der hohen Gerichtsbarkeit ("Blutbann") wurde die Stadt Memmingen im 14./15. Jahrhundert zur Reichsstadt. Memmingen konnte nun seine inneren Angelegenheiten weitgehend ohne Einmischung von außen bestimmen und war nun nur dem Kaiser unmittelbar unterstellt, musste ihm aber auch Steuern zahlen und Soldaten stellen. Am 30. November 1802 verlor Memmingen diese Stellung als Freie Reichsstadt und wurde zur bayerischen Provinzstadt. Dies geschah im Rahmen der Neuordnung Deutschlands im Zeitalter Napoleons. Viele kleine Gebiete des Heiligen Römischen Reiches wurden größeren Einheiten zugeschlagen, die Reichsstadt Memmingen dem Kurfürstentum Bayern (der Fachbegriff dazu lautet Mediatisierung).
Religionsgespräch
In der Kirche Unser Frauen kam es zu einem heftigen Konflikt zwischen der Gemeinde und dem Pfarrer Megerich: Die meisten Mitglieder der Gemeinde wollten das Abendmahl. im Gottesdienst in beiderlei Gestalt bekommen. So praktizierten es auch Luther oder Schappeler in Sankt Martin. Pfarrer Megerich lehnte diese Forderung entschieden ab. Um den Streit zu schlichten, lud der Rat der Reichsstadt zu Jahresbeginn 1525 Bürger und Geistliche zu einem Religionsgespräch ins Rathaus ein. Grundlage der Besprechungen sollten sieben Thesen Christoph Schappelers zu folgenden Punkten sein:
1. Ohrenbeichte
2. Marien- und Heiligenverehrung
3. Zehnt
4. Feier der Messe
5. Fegefeuer
6. Abendmahl in Form von Brot und Wein
7. Priestertum aller Gläubigen
Altgläubige Priester wie Megerich verweigerten eine eingehende Diskussion dieser Themen. Sie verwiesen darauf, dass nur der Papst oder ein Konzil (Versammlung der wichtigsten Würdenträger der Kirche) diese Fragen diskutieren und entscheiden könnten. Der Rat führte aber dennoch danach weitere Reformen des Kirchenwesens im Sinne der Reformation durch.
Sankt Martin
siehe Kirche Sankt Martin
Schappeler
Schwäbischer Bund
Im Schwäbischen Bund vereinigten sich 1488 adelige und klösterliche Herrschaften sowie Reichsstädte Schwabens, um gemeinsam den Landfrieden in der Region zu sichern. Der Bund zog von seinen Mitgliedern Geldbeiträge ein, verlangte Landsknechte für militärische Aktionen und beriet im Bundesrat zu Ulm über Fragen von Ruhe und Ordnung. Auch die Reichsstadt Memmingen war regelmäßig mit einem Angehörigen der Großzunft im Bundesrat vertreten; in ihrem Bürgereid schworen die Bürger nicht nur Treue gegenüber Bürgermeister und Amman der Reichsstadt sondern auch gegenüber den Organen des Schwäbischen Bundes.
Seehaufen
Die Bauern aus den Herrschaften von Adel (u.a. Landvogtei, Werdenberg, Montfort/Vorarlberg), Bistümern (Konstanz), Klöstern (u.a. Salem, Weingarten und Weißenau) und Städten (u.a. Überlingen, Ravensburg) nördlich des Bodensees schlossen sich im Februar 1525 u.a. in Rappertsweiler und Bermatingen zum Seehaufen zusammen.
Spital
Ins frühe 13. Jahrhundert reicht die Geschichte des "Heilig-Geist-Spitals" zurück, das zunächst dem Heilig-Geist-Orden (sog. Kreuzherren) unter Führung des "Spitalmeisters" anvertraut war. Zur Mitte des 14. Jahrhunderts wurde das Spital geteilt: Der Spitalbetrieb (sog. Unterhospital) wurde fortan von städtischen Pflegern bzw. einem "Hofmeister" verwaltet, das Kloster (sog. Oberhospital) war für die Seelsorge zuständig. Zur Finanzierung der Wohltätigkeitseinrichtungen (für Arme und Kranke, Pilger, Schwangere und Kinder) erwarb das Spital im Memminger Umland einige Dörfer, teilweise einschließlich der dortigen Kirchen und Pfarreien. Das Unterhospital wurde damit zu einem bedeutenden Grund- und Gerichtsherrn, die Reichsstadt zur Obrigkeit über leibeigene Bauern. Auch das Oberhospital besaß Patronatsrechte, innerhalb der Stadtmauer über die Kirche Unser Frauen.
Stadtamman
Ein Amman (Amtmann) war im deutschsprachigen Raum seit dem Mittelalter der oberste Dienstmann einer Obrigkeit und gehörte meist dem Adel oder dem Klerus an, in Städten oft auch den wohlhabenden Schichten des Bürgertums. Der Reichsstadt Memmingen gelang es in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts, den Stadtamman selbst zu bestimmen. Er war Vorsitzender des Stadtgerichts und Träger des Blutbannes (Hochgerichtsbarkeit)
Stadtrat
siehe Rat
Stadtschreiber
Der Stadtschreiber stand an der Spitze der städtischen Verwaltung und zählte damit zu den einflussreichsten Männern der Stadt. Durch seine Geschäftserfahrung und seine Rechtskenntnisse war er ein ständiger Ratgeber für Bürgermeister und Rat der Reichsstadt - meist gut bezahlt, auf längere Zeit bestellt und in der Lage, Urkunden auszustellen.
Türmer
Postiert auf dem Turm der Kirche Sankt Martin hatten die Türmer verschiedene Aufgaben. Sie wachten über die Stadt, meldeten besondere Vorkommnisse oder Brände in Stadt und Land, läuteten zu verschiedenen Tagzeiten oder zur Ratssitzung die jeweiligen Glocken und sind auch als Chronisten der Reichsstadt bekannt.
Unser Frauen
Unterhospital
siehe Heilig-Geist-Spital
Wormser Edikt
1521 verhängte Kaiser Karl V. auf dem Reichstag zu Worms die Reichsacht über Martin Luther und verbot die Lektüre und Verbreitung seiner Schriften. In Territorien, die sich der Reformation zuwandten, wurde das Edikt nicht vollzogen; seine Aufnahme in den Reichstagsabschied zu Speyer 1529 stieß bei den protestantischen Reichsständen auf Ablehnung.
Zehn Artikel
Ende Februar 1525 einigten sich die Bauern des Memminger Einflussbereiches, die auf Höfen des Memminger Heilig-Geist-Spitals, von Memminger Bürgern oder der Reichstadt selbst arbeiteten, auf gemeinsame Forderungen. Anschließend präsentierten sie diese - ausformuliert von Sebastian Lotzer - dem Rat, der eine gewissenhafte Prüfung der Anliegen versprach und hierfür einforderte, dass sich die Bauern nicht am Bauernaufstand beteiligten.
10/1 Mitwirkung an der Besetzung von Pfarrstellen (vgl. Artikel 1 der Zwölf Artikel 12/1)
10/2 Abschaffung des Zehnten, aber Zusage zum gemeindlichen Unterhalt des Pfarrers (vgl. 12/2: Verwendung des Kornzehnten für Pfarrer, Arme, "Reisige"; Abschaffung des Kleinzehnten)
10/3 Abschaffung der Leibeigenschaft inkl. Respekt vor der Obrigkeit (vgl. 12/3)
10/4 Freie Jagd und Fischerei (vgl. 12/4)
10/5 Reduzierung der Frondienste auf ein hergebrachtes Maß (vgl. 12/6 und 12/7)
10/6 Abschaffung des Ehrschatzes (vgl. 12/11 Abschaffung des Todfalles)
10/7 Beibehaltung der Holzfrevel-Strafen in ihrem hergebrachten Umfang (vgl. 12/9)
10/8 Rückgabe von Gemeinde-Wäldern/-Äckern, sofern nicht Verträge vorhanden (vgl. 12/5 und 12/10)
10/9 Möglichkeit zum Verkauf von Ernteerträgen; Nachlässe bei Missernten, Unwettern
10/10 Minderung der Abgabenlast (vgl. 12/8)
Zehnt
Die Abgabe des Zehnten (Großzehnt auf Getreide, Kleinzehnt auf Obst und Gemüse, Eier und Kleinvieh) stand in der allgemeinen Kritik, weil sie nicht mehr ausschließlich ihrem ursprünglichem Zweck, dem Unterhalt der Seelsorge, diente. Anders als bei grundherrlichen Abgaben, die der Bauer zum Grundherrn zu bringen hatte, war die Herrschaft berechtigt, auf den Feldern und in den Höfen den zehnten Teil des Ertrages zu holen. Zur Einlagerung der Erzeugnisse wurden in vielen Dörfern Zehntstadel errichtet.
Zunft
Memmingens Handwerker waren in elf Zünften zusammengefasst; als zwölfte Zunft kam die "Großzunft" der "Geschlechter" und Kaufleute hinzu. An ihre Spitze wählten die Zunftmitglieder einen Zunftmeister, der die Einhaltung der verschiedenen Gewerbeordnungen überwachte und Mitglied des Rates war. Basis der Zunftverfassung der Reichsstadt war eine Urkunde von 1347, die den Zünften Teilhabe am Stadtregiment eröffnete - bis zur Abschaffung per kaiserlichem Dekret 1551/52.
Zwölf Artikel
Laut Blickle waren die Zwölf Artikel der (oberschwäbischen) Bauernschaft "Beschwerdeschrift, Reformprogramm und politisches Manifest" zugleich. Fußend auf den Zehn Artikeln der Memminger Bauernschaft und zahlreichen weiteren Forderungskatalogen waren sie ein Konzentrat bäuerlichen Aufbegehrens und wurden in 25 Auflagen an 15 verschiedenen Orten gedruckt. Vielerorts wurde die Flugschrift zur Grundlage von Verhandlungen zwischen Obrigkeit und Untertanen.
1. Jede Gemeinde hat ein Recht zu Wahl und Absetzung ihres Pfarrers
2. Der Kleinzehnt soll aufgehoben, der Großzehnt für Geistliche, Arme und Landesverteidigung verwendet werden.
3. Die Leibeigenschaft soll aufgehoben werden
4. Jagd und Fischerei sollen frei sein. Falls Verkäufe vertraglich belegt werden können, sollen einvernehmliche Regelungen zwischen Gemeinde und Rechtsinhabern angestrebt werden.
5. Wälder und Forsten sollen in Gemeindehand zurückgegeben werden. Sollten Verträge bestehen, werden gütliche Vereinbarungen mit den Forstinhabern angestrebt.
6. Die Frondienste sollen auf ein erträgliches Maß reduziert werden, orientiert an Herkommen und Evangelium.
7. Außervertragliche Frondienste sind nicht zugelassen sein, es sei denn gegen eine angemessene Vergütung.
8. Die Abgaben der Bauern sollen durch "ehrbare Leute" neu eingeschätzt werden.
9. Die Strafmaße für schwere Vergehen sollen neu festgesetzt werden, orientiert an älteren Gerichtsordnungen.
10. Ehemalige Gemeindewiesen und -äcker sollen zurückgegeben werden, es sei denn, dass Kaufverträge vorgelegt werden können.
11. Der Zahlung des Todfalles belastet die Erben ungebührlich und wird deswegen zukünftig verweigert.
12. Alle Forderungen ergeben sich aus dem Wort Gottes. Sollten sie sich durch die Schrift als unberechtigt erweisen, sollen sie hinfällig sein.